Samstag, 24. Januar 2009
 
Architekten, Ingenieure und die Hackler PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von Otto Bruckner   
Mittwoch, 21. Mai 2008

Einige Anmerkungen von Otto Bruckner zur Debatte über ein neues "linkes Projekt" in Österreich.

Zunächst einmal ist Hermann Dworczak zu danken, dass er diese Diskussion angestoßen hat [siehe: http://www.labournetaustria.at/Linkspartei.htm]. Er ist ein notorischer "Projektentwickler", und solche sind nötig, damit überhaupt etwas in Gang kommt.


In der bisherigen Debatte wurde ihm ja in der Sache selbst (nämlich dass die objektiven Verhältnisse eine starke und kämpferische Linke geradezu heraufbeschwören) kaum widersprochen. Er erkennt meines Erachtens auch richtig, dass die bisherigen Versuche in diese Richtung unzureichend waren und schließt hier hoffentlich das verunglückte Projekt "Linke" bei der letzten EU-Wahl mit ein, das als schlechtes Beispiel dienen kann. In keiner realen Beziehung zu realen Bewegungen oder sonstigen Regungen des Widerstandes wurde der Apparat der KPÖ für eine Liste in Bewegung gesetzt, die ein KPÖ-plus-Projekt war und an deren Spitze mit Leo Gabriel eine weithin respektierte Persönlichkeit stand, die allerdings im öffentlichen Auftreten kaum kämpferische und/oder sozialistische Positionen vertrat. Das sorgte für Irritationen selbst im KPÖ-Stammwählerklientel und führte schließlich zu einem höchst bescheidenen Ergebnis.


Generell bin ich der Ansicht, Wahlen sollten in erster Linie taktisch bewertet werden. Sie sind eine Möglichkeit, fortschrittliche Positionen einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen (so es denn gelingt, die Mediequarantäne zu durchbrechen), aber auch nicht mehr. Gelingt es, parlamentarische Positionen zu erringen, was gegenwärtig auf Bundes- und EU-Ebene nicht sonderlich realistisch erscheint, muss dies zum einen schon reale Veränderungen in der Gesellschaft als Grundlage haben und erst recht solche bewirken helfen. Gelingt dies nicht, sind linke Parteien und Bündnisse nichts anderes als die "neue Sozialdemokratie",
ja manchmal noch schlimmer.


Die nächste Frage ist die nach der Diskrepanz zwischen den herrschenden Verhältnissen und der politischen Bewegung. Wie den Bemerkungen von Altreformisten vom Schlage eines Hans Sallmutter zu entnehmen ist, würden sie eine neue politische Bewegung zwar mit einer gewissen Sympathie betrachten, aber keinen Finger dafür rühren. Zu sehr scheint immer noch der bleierne Zement der "Sozialpartnerschaft" auf allen – auch noch so kritischen – Formationen der SPÖ zu lasten, als dass sich da was bewegen würde. Franz St. Parteder weist mit Recht darauf hin, dass selbst die Beinahe-Liquidation des ÖGB durch den BAWAG-Skandal kaum zu nennenswerten oppositionellen Regungen im ÖGB geführt hat. Nicht zu vergessen auch: Das gegenwärtige Regierungsprogramm trägt wesentlich die Handschrift des ÖGB, nicht nur die der Wirtschaftskammer.


Abgesehen von solchen Scheinprotesten wie der "Wir sind SPÖ"-Initiative spürt man im Gespräch mit sozialistischen Genossinnen schon, dass die gegenwärtige Situation alles andere als befriedigend für sie ist. Nur: An einen Bruch mit "seiner/ihrer" Partei denkt kaum jemand. Während die Teuerungswelle rollt, während die Reichen immer reicher und die Armen immer bleicher werden, scheint die Politik stillzustehen.


Und genau darin besteht das Problem: Es gilt als erstes, den Protest zu organisieren, den Hunger, den Zorn, die Trostlosigkeit auf die Straße zu bringen und in politischen Widerstand zu verwandeln. Linke "Ratschläge" – auch jener, der im Juli geplant ist, sollten à priori dazu dienen, solche Maßnahmen zu beratschlagen.


Und erst aus einer solchen Bewegung von unten heraus kann sich erfolgreich Neues entwickeln. Es braucht keine österreichischen "Oscars", es braucht die Arbeiterinnen, Angestellten, Arbeitslosen, Frauen und Männer, die um ihre Wohnung, um ihren Wohlstand, um ihre Zukunft Betrogenen, die ein solches neues Projekt tragen. Dann sind die Projetentwickler wieder gefragt, dann können die Architekten und die Ingenieure kommen und ihre Pläne darlegen, vielleicht aber werden sie selbst bessere haben, vielleicht mit Bedacht den einen oder anderen Strich oder auch den ganzen Grundriss ändern.


In der Herausbildung neuer Bewegungen werden da und dort einige wenige Forderungen ausreichen, über die schnell Einigkeit zu erzielen ist. Je differenzierter freilich Positionen entwickelt werden, desto klarer treten auch unterschiedliche Positionen und Herkünfte der Akteure zu Tage, und das gilt erst recht für die verschiedenen Teile der Austrolinken. Hier ist (an dieser Stelle nur ganz allgemein gesprochen) auch zu berücksichtigen, dass es in den Politik-Konzepten verschiedener Teile der "Linken" widersprüchliche, ja teils antagonistische Forderungen und Ansätze gibt. Die "Hochnäsigkeit" gegenüber den "einfachen Leuten" – wie von Parteder angesprochen – ist nur ein solches Beispiel.


Für die Kommunistische Initiative kann ich sagen, dass wir jeder Initiative wohlwollend gegenüber stehen, die mithilft, im oben dargelegten Sinne Bewegung in die versteinerten Verhältnisse des Kapitalismus zu bringen. Wenig nützlich erscheinen uns dagegen Handlungsstränge, die nach Drehbüchern anderer Politbühnen entwickelt werden, denn sowohl die "Oscars", als auch die "Faustos" haben uns gelehrt, dass die allzu blumige Breite einer brutalen Verengung dient, einer Verengung der Linken auf die Rolle als systemimmanente, letzlich systemstabilisierende loyale Opposition des Monopolkapitals. Und solche Verrenkungen sind entbehrlich. Der Schaden, den sie anrichten, ist enorm und erfordert – nach dem schließlichen totalen Bankrott wie kürzlich in Italien – einen vollständigen Neubeginn.

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